EADS/Boeing
"X-31" in der Flugwerft Schleißheim
- ein Bericht von Gerhard Schmid -
Die X-31 ist ein Experimentalflugzeug zur
Erforschung und Erprobung neuartiger Technologien mit dem Ziel, die Manövrierfähigkeit
von Kampfflugzeugen durch den Einsatz einer Schubvektorsteuerung entscheidend zu
verbessern.
Die Ansteuerung der Schubablenkung und der
aerodynamischen Ruder erfolgt vollautomatisch über das digitale Flugsteuerungssystem. Da
die Entwicklung einer Schubvektordüse zu teuer war, wird die dreidimensionale
Strahlablenkung durch drei "Paddel" hinter dem Triebwerk erzeugt. Dadurch werden
taktische Flugmanöver bei Anstellwinkeln bis 70° ermöglicht, bei denen konventionelle
Flugzeuge nicht mehr fliegen können.
Das erste Programm, das zwischen 1986 und
1995 durchgeführt und Enhanced Fighter Maneuverability (EFM) genannt wurde, führte den
Nachweis der überlegenen Manövrierfähigkeit der X-31 gegenüber konventionellen
Jagdflugzeugen im Luftnahkampf.
Ein zweites Erprobungsprogramm VECTOR
(1999-2003) demonstrierte automatische Landungen unter Einbeziehung der
Schubvektorsteuerung bis zu Anstellwinkeln von 24 Grad (üblich sind 12 Grad). Damit wird
die Anfluggeschwindigkeit von 325 km/h auf knapp 200 km/h reduziert und eine extrem kurze
Ausrollstrecke von 520 Meter (gegenüber 2100 Meter bei einer konventionellen Landung)
ermöglicht. Dazu war die X-31 mit einem hochgenauen Navigationssystem ausgerüstet.
Ebenso wurde ein neuartiger Luftwertesensor FADS erprobt. VECTOR bietet das Potential zur
Verbesserung der Start- und Landefähigkeit künftiger bemannter wie unbemannter
Flugzeuggenerationen auf Flugzeugträgern.
Die X-31 wurde in deutsch-amerikanischer
Zusammenarbeit im Rahmen der legendären U.S.-Experimentalflugzeuge (beginnend mit der
X-1) entwickelt, gebaut und erprobt. An dem Programm beteiligt waren die Luft- und
Raumfahrtfirmen EADS (früher MBB bzw. Dasa) und Boeing (vorher Rockwell International),
das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB), die amerikanischen Dienststellen
DARPA, NASA und die U.S.Navy. Um die Kosten gering zu halten, nutzte man Bauteile von
bereits existierenden Flugzeugen. Die Verwendung von fortschrittlichen Werkstoffen, das
Rumpfvorderteil und die Tragflächen sind aus kohlefaserverstärktem Kunststoff
hergestellt, ermöglichte es die Struktur zu optimieren und Gewicht zu reduzieren. Gebaut
wurden zwei Flugzeuge, der Erstflug fand 1990 statt. In beiden Programmen wurden im
Zeitraum 1990 bis 1995 und 2001 bis 2003 in Edwards Air Force Base, Kalifornien und Naval
Air Station Patuxent River, Maryland mehr als 400 Stunden geflogen. Ein Flugzeug stürzte
1995 auf Grund einer Vereisung des Pitot-Rohrs, die zu einer Störung des
Flugsteuerungssystems führte, ab. Mit dem zweiten Flugzeug wurde das Erprobungsprogramm
fortgesetzt, der letzte Flug erfolgte am 29.April 2003.
Die X-31 kam aufgrund einer
Regierungsvereinbarung zwischen Deutschland und USA in die Ausstellung der Flugwerft
Schleißheim. Dort bleibt dieses einzigartige Flugzeug für fünf Jahre und geht dann an
ein Museum in den USA. Für die freundliche Unterstützung bei der Erstellung dieses
Berichtes bedanke ich mich bei Betriebsleiter Dipl.-Ing. Gerhard Filchner und Mike
Rathmann.
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